Auf Wunder warten
Ev Pommer & Katharina Schnitzler
„Wir wollen wissen, wo Raum sichtbar wird und Rauschen Luftströme erzeugt.“ – Ev Pommer und Katharina Schnitzler, zwei künstlerische Positionen, die Räume ausloten.
Luft holen – Innehalten – Auf Wunder warten. Drei Ausstellungen an unterschiedlichen Orten, mit unterschiedlicher Energie. Auf wunderbare Weise hat es sich für das Jahr 2023 gefügt, dass Ev Pommer und Katharina Schnitzler diese Ausstellungsserie gemeinsam umsetzen können. Auftakt bildete die Ausstellung Luft holen im Kunstverein KunstHaus Potsdam e. V., gefolgt von der zweiten Ausstellung Innehalten im Projektraum der Alten Feuerwache, Berlin, und der finalen Ausstellung Auf Wunder warten, die ihren Raum in der mianki.Gallery findet.
Das Besondere der drei Ausstellungstitel, sie sind, wie in einem Fluss „Luft holen – Innehalten – Auf Wunder warten“, ein wunderbarer Auftakt an allen drei Orten, um sich dann voll und ganz auf die jeweilige Ausstellung einzulassen. Ellen Kobe, brachte es im Kunstverein KunstHaus Potsdam e. V. bereits auf den Punkt. „Zwischen Einatmen und Ausatmen entsteht die Atempause. Ein kurzer Moment des Innehaltens. Pause von allem Zwangsläufigen. Stille. Man kann diesen Zustand dehnen, wie unter Wasser, beim Tauchen, zählend in die Länge ziehen.“ Und „der Impuls des Luftholens kommt von allein, solange wir lebendig sind.“
Und Julia Kochanek führt den Gedanken für die Ausstellung im Projektraum der Alten Feuerwache weiter. „Beide Werkkomplexe finden in ihrer Reduziertheit zusammen, die nach einer konzentrierten und bewussten Betrachtung verlangt. So beschreibt die titelgebende Geste des Innehaltens auch nicht die Arbeiten selbst, sondern benennt viel eher die Wirkung und Haltung, die diese herbeiführen. Damit richtet sich der Ausstellungstitel an die Betrachtenden; zeigt an, wie sie sich der Kunst Pommers und Schnitzlers nähern können.“
Luft holen – Innehalten – Auf Wunder warten. Damit ist alles offen. Die Betrachtenden sind bereits zur Ruhe gekommen und warten jetzt auf Wunder. Aber was sind Wunder? Das definiert wohl jeder/jede für sich. Ev Pommer und Katharina Schnitzler werden auf ihre eigene Art und Weise konkret. Ev im Zeichnerischen und in den Objekten und Katharina in ihren Bildern und Zeichnungen/Collagen. Ausgangspunkt der Arbeiten von beiden Künstlerinnen sind die Gegensätze, das Polare bedeutet lebendige Unruhe, die Fülle und Leere, Ruhe und Bewegung, Sicherheit und Unsicherheit. Sie sagen: „Wir bewegen uns nicht in einem luftleeren Raum. Wie schön sind die Momente der Atemstille. Und welche Schönheit, frische Luft einzuatmen, egal ob Meer-, Wald-, Wiesen- oder Stadtluft. Wie kostbar, den blauen Atem unserer liebsten Menschen zu sehen!“ Es geht ihnen um den Atemraum und die Menschen, mit denen wir diesen teilen. Schwingung, die Kunst erzeugt, ist notwendig, wie die Luft zum Atmen. Sie sprechen in Ihren Arbeiten über diese Abläufe: „Wir wollen wissen, wo Raum sichtbar wird und Rauschen Luftströme erzeugt.“ Das allein ist bereits ein kleines Wunder und im Dialog mit den Betrachtenden werden unendlich viele weitere Wunder sichtbar werden.
Die Spannung in den Werken von Ev Pommer entsteht in den Zwischenräumen, es sind die minimalen Veränderungen, die eine Entwicklung nachvollziehbar machen, immer vom Körper ausgehend, als Formulierung für die Energie der Existenz. Der menschliche Körper als Grundkonstante in der dauernd schwingenden Zwiesprache mit dem Erfahrungsraum. Die horizontalen und vertikalen Dimensionen des Körpers sind bereits die Vektoren, die Anwesenheit beschreiben. Ihre Zeichnungen sind nicht Vorübungen für die Bildhauerei. Eigenständig stehen zweidimensionale neben dreidimensionalen Werken und schärfen sich gegenseitig. Als Bildhauerin spricht sie mit körperlichen Mitteln von geistigen Zuständen. Ihre Objekte sind das Konzentrat aus Erfahrungen und Erinnerungen. Sie möchte mit dem Betrachter eine gedankliche Rekonstruktion einer sinnlichen Erfahrung teilen.
Katharina Schnitzler arbeitet mit Mischtechnik auf Leinwand oder zeichnet direkt auf Magazinseiten. In ihrer Arbeit überlagern sich Farbschichten, Zeichnungen und Text. Der Hintergrund besteht aus Schichten, der Pinselstrich bleibt sichtbar und wird in verschiedene Richtungen gezogen, es entstehen Strukturen und Muster, die Ausschnitten von Stoffbahnen oder geprägten Ornamenttapeten gleichen. Zarte Zeichnungen, graziöse Pflanzen oder ornamentale Verzierungen erinnern an asiatische Malerei. Der Titel „Sofalandschaft“ lässt schmunzeln. Witzig, ironisch, tiefgründig verhandelt sie Realitäten als Behauptung und spielt mit der Abstraktion und dem Wiedererkennbaren und führt uns so aufs Glatteis unserer Wahrnehmung.
Ausstellungseröffnung
Donnerstag, 31. August 2023, 19 – 23 Uhr
Ausstellung
1. September bis 4. November 2023
mianki.Gallery
Kalckreuthstraße 15
10777 Berlin
T +49 30 364 327 08